Die Auswirkungen des Ratings aus Sicht von Banken und Kreditinstituten

Die Auswirkungen des Ratings aus Sicht von Banken und Kreditinstituten

Der Wirtschaftspresse kann entnommen werden, dass gerade privatrechtliche Banken sich aus dem Kreditgeschäft mit mittelständischen Unternehmen zurückziehen, Bedingungen verschärfen und Geschäftsbeziehungen zum Teil „von heute auf morgen“ aufkündigen. Der Bundesverband deutscher Banken dementiert dies und bezeichnet sich nach wie vor als Partner mittelständischer Unternehmen (vgl. Daten, Fakten, Argumente – Private Banken des Mittelstandes, Mai 2000).

Zur Erinnerung: Nach der bestehenden Regelung werden alle Unternehmen hinsichtlich des Risikos gleich behandelt und es ist ein einheitlicher Prozentsatz an Eigenmitteln zu hinterlegen. Dieser einheitliche Prozentsatz wird zwar nicht verändert – doch zukünftig werden Unternehmen bestimmten Risikoklassen mittels eines Ratings zugeteilt.

Dies bedeutet, dass weniger gute Unternehmen den Banken und Sparkassen zusätzliche – entweder mittelbare oder unmittelbare – Kosten bescheren werden. Somit werden die Institute sehr wahrscheinlich ihre bestehenden Kundenportfolios genau überprüfen und überlegen, ob sich ein weiteres Engagement noch lohnt oder lohnend sein kann. Je nach Entscheidungsausgang werden sich die Institute dann von ihren Kunden trennen, also die Geschäftsbeziehung aufkündigen. Diese Ausleseverfahren sind nicht verwunderlich, agieren Unternehmen doch genau so, wenn sie ihre bestehenden Zulieferer- und Kundenbeziehungen überprüfen, wenn sie es denn tun.

Der deutsche Sparkassen- und Giroverband hat im Zeitraum März bis April 2001 unter seinen Instituten eine Umfrage zu den Geschäftspraktiken privater Banken durchgeführt. Auslöser für diese Umfrage war, dass seit einigen Jahren sich die Klagen mittelständischer Unternehmen über die Geschäftspolitik der privaten Banken häufen. Gerade den großen Bankkonzernen wird dabei ein systematischer Rückzug aus dem mittelständischen Kreditgeschäft vorgeworfen. Die privaten Banken bestritten dies. In Ermangelung konkreter Erhebungen oder Statistiken konnte hierzu empirisch bisher nichts belegt werden.

An dieser Umfrage beteiligten sich insgesamt 326 Sparkassen (von bundesweit rund 560 Sparkassen, also knapp 60 Prozent). Von daher kann die Umfrage als durchaus repräsentativ angesehen werden.

Das Fazit dieser Umfrage ist, dass sich der Rückzug privater Banken aus dem Mittelstandsgeschäft flächendeckend gestaltet.

Das eindeutige Ergebnis der Umfrage: „Die privaten Konkurrenten – allen voran die Deutsche Bank, die Dresdner Bank, die Commerzbank und auch die HypoVereinsbank, die sich selbst werbewirksam als „Bank der Regionen“ bezeichnet – ziehen sich flächendeckend und systematisch aus dem Geschäft mit mittelständischen Firmenkunden zurück.“

Knapp 60 % der teilnehmenden Institute stellten eine erhöhte Nachfrage nach neuen Geschäfts-, Konto- bzw. Kreditverbindungen von mittelständischen Unternehmen fest. Kommentierende Anmerkungen  von Sparkasseninstituten zeichnen folgendes Bild:

„Die Lücken der privaten Konkurrenz bei der Mittelstandsfinanzierung fallen noch deutlicher aus. Denn viele private Konkurrenten haben sich bereits in den letzten Jahren systematisch aus der Fläche zurückgezogen, und festzustellen ist, dass in bestimmten Regionen, insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Gebieten private Banken oftmals überhaupt nicht mehr anzutreffen sind.“

Gerade kleinere Mittelständler sind von der Geschäftspolitik privater Banken betroffen. Die Umfrage ergab, dass von den Unternehmen, die um Aufnahme einer Geschäftsverbindung bei den Sparkassen nachgefragt haben, fast die Hälfte zwischen 10 und 100 Mitarbeitern beschäftigt. Gut 40 Prozent der Unternehmen weisen eine Mitarbeiterzahl von unter 10 Beschäftigten auf. Gerade gut 6 Prozent der Unternehmen beschäftigen 100 und mehr Mitarbeiter. Die Umsatzzahlen gestalteten sich wie folgt:

  • knapp 60 Prozent der Unternehmen realisierten einen Umsatz von einer bis unter 100 Millionen DM,
  • knapp 40 Prozent lagen beim Umsatz unter einer Million DM.

Die Umfrage ergab weiter, dass die Methoden die angewandt werden, um mittelständische Firmenkunden aus der Geschäftsbeziehung zu drängen, sehr vielfältig sind. Sie reichen von offener „Abschiebung“ bis hin zu rigiden und subtilen Mitteln. In die letztere Kategorie „fällt beispielsweise das Verhalten, den Service für mittelständische Firmenkunden gezielt zurückzuführen, um die Kunden zu „vergraulen“. Die aktive Betreuung leidet, Firmenkunden klagen über übermäßig lange Entscheidungen, es werden Nachbesicherungen gefordert, Kreditlinien bei sich bietender Gelegenheit gekürzt.“

Die Umfrageergebnisse im Einzelnen:

Sparkassenverband Baden-Württemberg

  • von 68 Sparkassen im Verbandsgebiet haben 43 Sparkassen an der Umfrage teilgenommen (Beteiligungsquote 63 %)
  • 27 Sparkassen meldeten erhöhte Nachfragen von mittelständischen Unternehmen
  • insgesamt erhielten diese Sparkassen 415 Anfragen nach neuen Kontoverbindungen davon wurden knapp 248 Unternehmen ein Kredit verweigert, in 99 Fällen wurde ein Kredit gekündigt; die Abhängigkeit der Kreditgewährung von der Abnahme anderer Produkte lässt sich in 11 Fällen bestätigen
  • die Untenehmen beschäftigen – mit wenigen Ausnahmen – zwischen 10 und 100 Mitarbeiter
  • der Umsatz liegt – mit wenigen Ausnahmen – im Bereich von einer bis 100 Mio. DM

Sparkassenverband Bayern

  • Von fast 80 % der befragten Sparkassen wurde der Rückzug der Großbanken aus dem mittelständischen Kreditgeschäft bestätigt. Bei der Mehrzahl der Sparkassen beschwerten sich die Firmenkunden über das Verhalten der Großbanken.
  • Anlässe für den Rückzug waren in erster Line die negative bzw. problematische Kundenbonität, zu geringes Kreditengagement/Betriebsgröße bzw. geringe Rentabilität für die Großbanken sowie eine negative Branchenentwicklung, hier insbesondere im Bau- und Baunebengewerbe.
  • Bei den betroffenen Kreditnehmern handelt es sich überwiegend um kleinere Engagements mit einen zu übernehmenden Kreditvolumen bis zu 3 Mio. DM.
  • Die Unternehmen kamen zum Großteil (74 %) wegen der Vorgehensweisen der Großbanken direkt auf die Sparkasse zu.
  • Die Instrumente der Großbanken beim Rückzug aus dem mittelständischen Firmenkundengeschäft waren: Reduzierung bzw. Kündigung von Krediten und Kreditlinien, das Anbieten von Abwehrkonditionen sowie die Verstärkung von Sicherheiten, nur der geringere Teil der Unternehmen wurde zum Wechsel der Geschäftsverbindung direkt aufgefordert bzw. der Wechsel wurde durch nachlassende Kundenbetreuung heraufbeschworen.

Niedersächsischer Sparkassen- und Giroverband

  • von 58 Sparkassen im Verbandsgebiet beteiligten sich 36 Sparkassen (Beteiligungsquote 62 %)
  • 22 Sparkassen meldeten ganz konkret Nachfragen von mittelständischen Unternehmen
  • insgesamt erhielten diese Sparkassen 167 Anfragen nach neuen Kontoverbindungen davon wurde 98 Unternehmen ein Kredit verweigert, in 20 Fällen wurde ein Kredit gekündigt und in 12 Fällen wurde die Kreditgewährung von der Abnahme anderer Produkte abhängig gemacht;
  • 74 Untenehmen beschäftigen unter 100 Mitarbeiter, 82 Unternehmen bis zu 100 und 8 Unternehmen beschäftigen über 100 Mitarbeiter
  • der Umsatz liegt bei 61 Unternehmen bei unter einer Mio. DM, und bei 95 Unternehmen bei einer bis 100 Mio. DM Umsatz, Unternehmen realisieren einen Umsatz von über 100 Mio. DM

Ostdeutscher Sparkassen- und Giroverband

  • von 72 Sparkassen im Verbandsgebiet nahmen 50 Sparkassen an der Umfrage teil (Beteiligungsquote 69 %)
  • 31 Sparkassen meldeten ganz konkret Nachfragen von mittelständischen Unternehmen
  • insgesamt erhielten diese Sparkassen 525 Anfragen nach neuen Kontoverbindungen davon wurde 318 Unternehmen ein Kredit verweigert, in 115 Fällen wurde ein Kredit gekündigt und in 24 Fällen wurde die Kreditgewährung von der Abnahme anderer Produkte abhängig gemacht;
  • 296 Untenehmen beschäftigen unter 10 Mitarbeiter, 200 Unternehmen zwischen 10 bis zu 100 und 7 Unternehmen beschäftigen über 100 Mitarbeiter
  • der Umsatz liegt bei 296 Unternehmen bei unter einer Mio. DM, und bei 208 Unternehmen bei einer bis 100 Mio. DM Umsatz, 21 Unternehmen realisieren einen Umsatz von über 100 Mio. DM

Rheinischer Sparkassen- und Giroverband

  • von 50 Sparkassen im Verbandsgebiet beteiligten sich 37 Sparkassen (Beteiligungsquote 74 %)
  • 17 Sparkassen meldeten ganz konkret Nachfragen von mittelständischen Unternehmen.
  • insgesamt erhielten diese Sparkassen 253 Anfragen nach neuen Kontoverbindungen davon wurde 162 Unternehmen ein Kredit verweigert, in 36 Fällen wurde ein Kredit gekündigt und in 9 Fällen wurde die Kreditgewährung von der Abnahme anderer Produkte abhängig gemacht;
  • 97 Untenehmen beschäftigen unter 10 Mitarbeiter, 135 Unternehmen zwischen 10 bis zu 100 und 13 Unternehmen beschäftigen über 100 Mitarbeiter .der  Umsatz liegt bei 70 Unternehmen bei unter einer Mio. DM, und bei 175 Unternehmen bei einer bis 100 Mio. DM Umsatz,

Sparkassen- und Giroverband Rheinland-Pfalz

  • von 35 Sparkassen im Verbandsgebiet nahmen 24 Sparkassen an der Umfrage teil (Beteiligungsquote 69 %)
  • 15 Sparkassen meldeten ganz konkret Nachfragen von mittelständischen Unternehmen
  • insgesamt erhielten diese Sparkassen 97 Anfragen nach neuen Kontoverbindungen davon wurde 61 Unternehmen ein Kredit verweigert, in 18 Fällen wurde ein Kredit gekündigt und in 13 Fällen wurde die Kreditgewährung von der Abnahme anderer Produkte abhängig gemacht;
  • 56 Untenehmen beschäftigen unter 10 Mitarbeiter, 34 Unternehmen zwischen 10 bis zu 100 und 7 Unternehmen beschäftigen über 100 Mitarbeiter
  • der Umsatz liegt bei 39 Unternehmen bei unter einer Mio. DM, und bei 55 Unternehmen bei einer bis 100 Mio. DM Umsatz

Sparkassen- und Giroverband Saar

  • von 7 Sparkassen im Verbandsgebiet antworteten 4 Sparkassen (Beteiligungsquote 57 %)
  • 1 Sparkasse meldete ganz konkret Nachfragen von mittelständischen Unternehmen
  • insgesamt erhielt diese Sparkasse 2 Anfragen nach neuen Kontoverbindungen in beiden Fällen wurde den Unternehmen ein Kredit verweigert
  • die Untenehmen beschäftigen über 100 Mitarbeiter

Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein

  • von 29 Sparkassen im Verbandsgebiet beteiligten sich 17 Sparkassen (Beteiligungsquote 59 %)
  • 9 Institute meldeten ganz konkret Nachfragen von mittelständischen Unternehmen
  • insgesamt erhielten diese Sparkassen 65 Anfragen nach neuen Kontoverbindungen davon wurde 37 Unternehmen ein Kredit verweigert, in 8 Fällen wurde ein Kredit gekündigt und in 3 Fällen wurde die Kreditgewährung von der Abnahme anderer Produkte abhängig gemacht;
  • 44 Untenehmen beschäftigen unter 100 Mitarbeiter, 16 Unternehmen zwischen 10 bis zu 100 und 3 Unternehmen beschäftigen über 100 Mitarbeiter
  • der Umsatz liegt bei 44 Unternehmen bei unter einer Mio. DM, und bei 20 Unternehmen bei einer bis 100 Mio. DM Umsatz

Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband

  • von 92 Sparkassen im Verbandsgebiet beteiligten sich 76 Sparkassen (Beteiligungsquote 83 %)
  • 45 Sparkassen meldeten Nachfragen von mittelständischen Unternehmen
  • insgesamt erhielten diese Sparkassen 259 Anfragen nach neuen Kontoverbindungen davon wurde 163 Unternehmen ein Kredit verweigert, in 40 Fällen wurde ein Kredit gekündigt und in 7 Fällen wurde die Kreditgewährung von der Abnahme anderer Produkte abhängig gemacht;
  • 116 Untenehmen beschäftigen unter 10 Mitarbeiter, 119 Unternehmen bis zu 100 und 24 Unternehmen beschäftigen über 100 Mitarbeiter
  • der Umsatz liegt bei 97 Unternehmen bei unter einer Mio. DM, und bei 152 Unternehmen bei einer bis 100 Mio. DM Umsatz, 3 Unternehmen realisieren einen Umsatz von über 100 Mio. DM (festgestellt wird, dass Betriebe unter einer Mio. DM Umsatz schon bisher keine Zielkunden der Großbanken)

(Quelle: Deutscher Sparkassen- und Giroverband – Juni 2001 – Ergebnisse der Umfrage des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes „Blaue Briefe an den Mittelstand“)

Zu erwähnen ist aber, dass auch Sparkassen in Zukunft genau prüfen werden, ob sich eine Geschäftsverbindung weiterhin als tragfähig erweisen wird, denn auch diese Institute haben nichts zu verschenken. Fest steht jedoch, dass gerade Sparkassen und auch Volksbanken ein fast schon traditionell zu nennendes Geschäftsverhältnis zu mittelständischen Unternehmen pflegen und aufrecht erhalten.

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